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Alt werden in heutiger Zeit 
Zum Pflegeverständnis der Caritas und ihrer Partner

Den Abbau von Fähigkeiten akzeptieren fällt nicht leicht. Es ist schön, ein hohes Lebensalter zu erreichen. Doch alt werden bedeutet auch , dass die eigenen Kräfte nachlassen. Vieles, was man früher selbst erledigt hat, geht nur noch mit fremder Hilfe. Es heißt, Abschied zu nehmen von Fähigkeiten, die man früher einmal hatte. Krankheiten, Gebrechen und das Erleiden des körperlichen und geistigen Abbaus sind für viele alte Menschen eine schwere Last.

An den Rand gedrängt
Alt werden geschieht hierzulande in einer Gesellschaft, die sich den Idealen von Jugendlichkeit und Leistungsfähigkeit verschrieben hat. Vergessen wurde, dass der alte Mensch zu Einsichten und Haltungen gelangt, die nicht nur für ihn persönlich, sondern für alle in der Gesellschaft wichtig sind. Die Freuden und Leiden, Erfolge und Schicksalsschläge des Lebens im rechten Maß zu sehen, ist eine Gabe, die in besonderer Weise mit dem Alter verbunden ist. Hochbetagte Menschen hätten unserer Gesellschaft viel zu geben - und werden selten wahrgenommen und einbezogen. Auch das schmerzt viele.

Die Kinder leben weit entfernt
Vorüber ist die Zeit, in der Menschen im Kreis ihrer Familie alt wurden und sterben konnten. Der Wunsch danach ist immer noch lebendig, doch die Realität sieht für viele anders aus. Die moderne Arbeitswelt verlangt Mobilität. Familien werden in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Kinder und Enkelkinder leben oft weit entfernt. Der Beruf nimmt sie so stark in Anspruch, dass gelegentliche Besuche möglich sind, mehr aber auch nicht.

Einsamkeit belastet die Seele
Das zunehmende Alter schränkt den Lebensraum immer mehr ein. Freundschaften und Bekanntschaften aufrecht zu erhalten, wird immer schwieriger. Kontakte brechen ab. Menschen, die einem nahe standen, werden selbst krank oder sterben. Menschen, die ein hohes Alter erreichen, werden oft einsam.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas-Sozialstationen und Altenpflegeheime können das Gefühl der Einsamkeit ein wenig lindern, zum Beispiel durch Gespräche, Betreuungs- und Gruppenangebote. Doch die Fülle der Aufgaben setzt Grenzen für die persönliche Zuwendung. Es bleibt der Wunsch vieler alter Menschen nach mehr Ansprache und Begegnung. Es ist die zutiefst menschliche Sehnsucht nach einem Gegenüber.

Die Angst vor dem Altersheim
Die meisten Menschen wollen zuhause leben solange es geht. Sie scheuen den Umzug in ein Altenheim, der für sie eine gravierende Veränderung bedeutet. Angehörige, die einen alten Menschen zuhause gepflegt haben, leiden häufig unter Schuldgefühlen, wenn der Umzug in ein Altenpflegeheim unausweichlich wird.
In unseren Altenpflegeheimen verflüchtigt sich die Angst meist schon nach kurzer Zeit. In persönlichen Rückmeldungen und Befragungen wird deutlich, dass die meisten Bewohnerinnen und Bewohner mit der Pflege und Betreuung in den Caritas- Altenpflegeheimen sehr zufrieden sind.

Die Endlichkeit des Lebens vor Augen
Das Alter ist die letzte Phase im Leben eines Menschen. Die Endlichkeit des Lebens tritt immer deutlicher vor Augen. Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist zugleich eine Rückschau auf das Leben, das man gelebt hat. Die Frage nach dem Sinn und nach den Werten, die das eigene Leben bestimmt haben, gewinnt noch einmal an Bedeutung.
In unserer Gesellschaft gibt es die Tendenz, den Tod und alles, was auf ihn hindeutet, auszublenden und fern zu halten. Das zeigt sich besonders an unserem Umgang mit dem Alter. Häufig als Vorboten des Todes empfunden, erinnern uns Krankheiten, körperliche und geistige Gebrechen daran, dass unser Leben endlich ist. Wer den Tod verdrängt, findet kaum die Kraft, sich vom Leid alter Menschen anrühren zu lassen.

Vom Tod offen sprechen
Es fehlt uns in weiten Teilen ein Verständnis unseres Lebens, das auch den Tod umgreift. Macht der Tod alles zunichte oder vollendet er unser Leben? Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, wie wir zum Leben, zum Altwerden und zum Sterben stehen. Das Schwinden religiöser Überzeugungen bedeutet für viele Menschen einen Verlust an Halt und Sicherheit.
Die Caritas setzt sich für eine Kultur des Zusammenlebens ein, die den Menschen in allen Lebensphasen sieht. Eine Kultur des Miteinanders, die von der Frage geleitet wird, was Menschen brauchen, um in den verschiedenen Lebensabschnitten Glück und Zufriedenheit zu erfahren. Eine Kultur, die auch im Lebensgefühl und in der Lebensqualität alter Menschen einen Gradmesser für die Menschlichkeit ihres Zusammenlebens erkennt.
Die einseitige Beachtung nur der körperlichen Bedürfnisse in der Pflege muss überwunden werden. Zum Menschen gehört mehr. Nicht nur der Körper, auch Seele und Geist bedürfen der Pflege, Zuwendung und Unterstützung.

Mehr Menschlichkeit geht nur mit mehr Menschen
Bei der Betreuung und Pflege alter Menschen geht es um ein Geschehen zwischen Menschen. In den Diensten und Einrichtungen der Altenhilfe werden mehr Menschen gebraucht, die sich der Bedürfnisse der Bewohner annehmen können. Die Dienste und Einrichtungen der Altenhilfe müssen finanziell in die Lage versetzt werden, mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Caritas fordert aus diesem Grund höhere Personalschlüssel und eine bessere Refinanzierung durch die Kranken- und Pflegekassen. Sie bedeuten mehr Zeit für die Bewohner, mehr Unterstützung und Zuwendung.
Gute Pflege braucht zuallererst Menschen, die sich für ihren Beruf aus Überzeugung entschieden haben und ihn gerne ausüben. Diese Menschen sind es, die der Pflege eine Zukunft geben - nicht das Austüfteln noch restriktiverer Vorgaben und auch nicht der Aufbau von noch mehr Kontrollapparaten.

Zeit für Dokumentation begrenzen
Die Caritas setzt sich dafür ein, dass die Dienste und Einrichtungen der Altenhilfe von überzogenen Dokumentations- und Verwaltungsanforderungen befreit werden. Das trägt dazu bei, dass wieder mehr Zeit für die unmittelbare Pflege und Betreuung zur Verfügung steht. Die Bürokratie muss auf das notwendige Maß begrenzt werden. Auf diese Weise bekommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Zeit, sich den alten Menschen zuzuwenden.

Angehörige und Ehrenamtliche einbeziehen
Viele ältere Menschen werden zuhause von ihren Angehörigen gepflegt. Nimmt die Pflegebedürftigkeit zu, wird professionelle Unterstützung benötigt. Angehörige und professionelle Pflegekräfte wirken dabei auf unterschiedliche Weise zusammen.
Die Hilfe durch Angehörige und die Hilfe durch professionelle Pflegekräfte sind keine Alternativen, die sich gegenseitig ausschließen. Vielmehr zeigt sich, dass erst im Zusammenwirken von Angehörigen und professionellen Pflegekräften die jeweils passende Hilfe realisiert werden kann. Das Bedürfnis des alten Menschen nach Begleitung und Unterstützung, seine Sehnsucht nach einem Menschen als Gegenüber muss Angehörige und professionelle Pflegekräfte immer wieder neu zusammenführen.
Zunehmend wichtig wird die Mitarbeit von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. In unseren Altenpflegeheimen sind im Durchschnitt zwischen 20 und 30 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aktiv. Ohne ihr Engagement sind weder die gegenwärtigen und noch die zukünftigen Herausforderungen in der Pflege zu bewältigen. Sie bilden eine wertvolle Brücke zwischen den Bewohnern, der Pfarrgemeinde und dem täglichen Leben außerhalb der Einrichtung.